Institut für deutsche Literatur

Habilitationsprojekt

Agon, Fürsprache, Multiperspektivität: Zur Theorie und Verfahrensgeschichte des Realismus (1840-1900)

Das Projekt profiliert einen konfliktuellen Wirklichkeitsbegriff für die historische Genese des Realismus und verbindet dies mit einer Verfahrensgeschichte der Literatur des 19. Jahrhunderts. Vor, um und nach der europäischen Revolution von 1848 stand die Tendenz zum Realismus als konfliktförmiger Aushandlung von Repräsentation im Kontext der großen Emanzipationsbewegungen und der Entstehung moderner Parlamente. Literarischer Realismus nahm hier als eine Darstellungspraxis Kontur an, die auf Multiperspektivität zielte, in ihrer perspektivischen Modellierung von erzählten Welten jedoch in besonderer Weise mit Widersprüchen und Inkohärenzen umgehen musste. Anknüpfend an neoformalistische Theoriebildung zum Realismus (Anna Kornbluh) soll dabei die Wechselwirkung literarischer und politisch-sozialer Verfahren der Repräsentation untersucht werden. Am Beispiel von erzählenden und dramatischen Texten von Fanny Lewald, Berthold Auerbach, Otto Ludwig, Gustav Freytag, Paul Heyse, Marie von Ebner-Eschenbach u.a. soll gezeigt werden, dass das Wechselspiel von Darstellgung und Bestreitung von Wirklichkeit im Zentrum realistischer Texte steht.